Eliza ist die Mutter aller Chatbots – ein linguistisches Computerprogramm, das man im Internet aufrufen kann. Es lässt sich mit psychologischen und überhaupt Fragen aller Art füttern – und das durchaus mit Erfolg: Eliza weiß auf alles etwas zu erwidern. Doch was sie sagt, hat mit Verständnis oder gar Empathie nichts zu tun, sondern ergibt sich aus einem simplen Dialog-Algorithmus.
Erschaffen hat sie vor 50 Jahren der deutschamerikanische Informatiker Joseph Weizenbaum – ein Pionier auf dem Gebiet der Erforschung künstlicher Intelligenz. Er wollte mit Eliza zeigen, wie sich menschliche Sprache formalisieren und digital verarbeiten lässt, allerdings war ihm die Wirkung seiner eigenen Schöpfung schnell suspekt. Nicht wenige ahnungslose Testpersonen waren am Ende ihrer "Therapeutengespräche" nämlich fest davon überzeugt, sich per Tastatur tatsächlich mit einem sensiblen und verständnisvollen Doktor ausgetauscht zu haben: Sie fühlten sich verstanden und offenbarten dem vermeintlichen Arzt intimste Details ihres Seelenlebens.
In seinem Buch "Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft" erklärte Weizenbaum sich das so: "Die meisten Menschen verstehen nicht das Geringste von Computern, und so können sie sich die intellektuellen Leistungen von Computern nur dadurch erklären, dass sie die einzige Analogie heranziehen, die ihnen zu Gebote steht, nämlich das Modell ihrer eigenen Denkfähigkeit."
Die Faszination für das selbsttätige Elektronengehirn ist inzwischen völlig alltäglich geworden: Es gibt autonom fahrende Autos, autonome Waffensysteme, Künstliche Intelligenz für lebensechte Sexpuppen, aber auch Nanobots in der Blutbahn und Schmuseroboter, wie sie in Japan den Pflegenotstand eindämmen sollen. Psychotherapie per App ist immer noch im Gespräch, und neuerdings möchte auch Barbie unsere Kinder kennenlernen, wenn sie mit den lieben Kleinen spielt!
2015 haben - von Google über Facebook, IBM über Microsoft bis zu Amazon - sämtliche HiTech-Giganten KI als die strategische Priorität ausgerufen. Und sie stecken die Künstliche-Intelligenz-Tools nicht nur in die eigenen Produkte, sondern bieten sie jedermann an – auf dass unsere Welt möglichst schnell künstlich intelligenter werde.
Naja, alles halb so schlimm, so lange die Dosenwesen kein Bewusstsein entwickeln: Und tatsächlich hat die künstliche Intelligenz heute noch nicht den Stand eines dreijährigen Kindes erreicht. Aber wie das Kind lernt sie schnell – auch, wie man sich verstellt. Und Apples Sprachassistent Siri überzeugt ja tatsächlich viele Leute davon, dass etwas Intelligentes im iPhone steckt!
Joseph Weizenbaum befürchtete, dass die bewusste Auseinandersetzung mit dem Computer dem kritiklosen Verwachsen mit dem Computer weichen würde – befeuert vom Ehrgeiz einer Branche, die ihre Dinge tut, weil sie sie tun kann. Und kurz vor seinem Tod war er ziemlich frustriert:
"Es ist eine Katastrophe, dass die meisten meiner Kollegen glauben, wir könnten einen künstlichen Menschen herstellen. Und dieser unglaubliche Blödsinn hat auch mit Größenwahn zu tun. Es kann sein, hätte ich damals gewusst, was ich heute weiß, dass ich gesagt hätte: Ach in dieser Branche möchte ich gar nicht sein."